Druckerei Die ersten gedruckten Bücher
kennen wir aus dem deutschsprachigen Milieu, was kein Wunder ist, denn um die Erfindung
des Buchdrucks, dieses zentrale Ereignis in der Kulturgeschichte der Menschheit, machte
sich der Mainzer Johannes Gutenberg verdient. In das südböhmische Gebiet gelangten die
Inkunabeln (Erstdrucke aus der Zeit 1450-1500) vor allem dank der kulturell
hochentwickelten Klosterzentren.
Die erste
Druckerei, die in Südböhmen erschien, brachte der Passauer Johann Alakraw im
Jahre 1484 mit seinem Wagen nach Vimperk/Winterberg. Er war kein typischer
fahrender Drucker, wie viele seiner Kollegen, denn er verließ Passau nach den
Kriegswirren und versuchte in Vimperk/Winterberg, das sich gut entwickelte und erst vor
kurzem sein Stadtwappen erhalten hatte, Fuß zu fassen. Sein Plan gelang ihm aber nicht,
der Unterschied zwischen einer bischöflichen Residenz und einer Vorgebirgsprovinz war
für seine Vorhaben zu unbarmherzig. Bevor er seine Presse zurückzog, hatte er noch drei
Gedenkblätter gedruckt: zwei lateinische („Pseudo-Augustinus“, „Albertus Magnus“)
und ein tschechisches „Minucí“ (d.h. einen Kalender, in dem die für den Aderlaß
geeigneten Tage markiert sind) für das Jahr 1485 von Vavřinec von Rokycany.
Druckereien
gediehen in Südböhmen lange nicht. In Jindřichův Hradec/Neuhaus erschien der
Buchdrucker Kryštof Hangenhoffer kurz im Jahre 1613. Er blieb hier nicht
einmal ein Jahr, und auf das weitere Buchdruckerkapitel mußten die Bürger von
Jindřichův Hradec/Neuhaus lange hundert Jahre warten. Es war aber lang und im Vergleich
mit den anderen südböhmischen Städten auch berühmt. In den Jahren 1713-1716
versuchte hier Jan Václav Svoboda sein Unternehmerglück, nach ihm Jan Bedřich
Jakeš (1719-1734) und F.A. Schönstein (1734-1737). Vor dem
Konkurrenten Jan Petr Kyncl (1728-1733) aus České Budějovice/Budweis und
Vodňany/Wodnian mußten sie keine große Angst haben. Den Grund der Produktion aus
Jindřichův Hradec/Neuhaus bildeten gewährte Gebetbücher, Wallfahrtsdrucke und
Programme der Theatervorstellungen des hiesigen Jesuitenkollegs. Titel von höherer
Qualität wurden im Auftrag der nahen Klöster gedruckt. An diese Tradition knüpfte auch
die Familie Hilgartner an, in deren Hände die Druckerei im Jahre 1737 kam, wo sie
bis zur Mitte der 90er Jahre des 18. Jahrhunderts blieb. Dem bekanntesten
Mitglied dieser Familie, Ignác Vojtěch Hilgartner, brachte „Nebeklíč“ von
Kochem einen riesigen Erfolg. Die erste Ausgabe erschien 1759, danach folgten weitere
Dutzend Ausgaben.
Eine wirkliche
Druckerkonkurrenz entstand in der südböhmischen Region erst nach der Entstehung der
Südböhmischen Diözese. Die bischöflichen Forderungen begannen im Jahre 1788 die
Druckerei von Josef Diesbach und dann die von Jan František Zdarssa aus
České Budějovice/Budweis zu erfüllen. In Jindřichův Hradec/Neuhaus übernahm die
Druckerei im Jahre 1795 die Familie Landfras (1796 Josef, 1825 Alois Josef,
1858 Vilém Antonín und 1902 Vilém Bohumil). Die Firma Alois Landfras Syn, seit
dem Jahre 1834 mit einer Zweigstelle in Tábor, sicherte sich die dominante Stellung auf
dem südböhmischen Büchermarkt.
In Písek/Pisek
gab es Bemühungen zur Errichtung einer Druckerei schon am Ende des 18. Jahrhunderts,
die Konzession bekam aber Joser Vetterl erst im Jahre 1810. Seine Produktion
spezialisierte sich auf das bewährte Sortiment: Gebete, moralistische Geschichten und
Lieder. Im Jahre 1844 übernahm der Sohn Václav nach seinem Vater den Betrieb. In den
50er Jahren druckte man hier auf der Presse, die früher Karel Havlíček Borovský
gehörte. An die Tradition der Familie Vetterl knüpfte der Buchhändler und -drucker Theodor
Kopecký aus Písek/Pisek an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert an.
In
Vimperk/Winterberg errichtete Johann Steinbrenner im Jahre 1855 eine
Bücherwerkstatt, die er im Jahre 1870 in einen Verlag verwandelte. Weltberühmt wurde er
vor allem dank der Produktion mehrsprachiger Gebetbücher (bis zum Jahre 1930 fast
100 Millionen Stück) und Kalender (bis zum Jahre 1930 fast 35 Millionen
Stück).
Die meisten
Werke der jungen Autoren und die der sog. Regionalliteratur wurden aufgrund des Interesses
von kulturliebenden Buchhändlern herausgegeben. Die sichtlichsten Ergebnisse brachte die
Tätigkeit des deutschen Verlegers Ludolf Emil Hansen aus Budweis, der im Jahre
1843 die Firma Zdarssas pachtete und seit dem Jahre 1855 unter seinem Namen schon ein
eigenes Unternehmen führte. Von den tschechischen Buchhändlern mit verlegerischen
Ambitionen sind L.A.Stropka (seit 1867) aus Budweis und Arnošt Pöschl
(seit 1888) aus dem Bereich Budweis-Tábor zu nennen. Der größte Buchhändler- und
Druckerbetrieb in České Budějovice/Budweis war seit dem Jahre 1897 der deutsche
Verlag Moldavia von Fanz Xaver Reitterer. In dessen Rahmen setzte sich allmählich
der verlegerisch ambitionierte Buchhändler Karl Kratochwil. Der wichtigste Band
seiner Produktion war „Heimatbuch der Berg- und Kreisstadt Böhmisch Budweis“ (1930).
Auch die tschechischen Buchhändler ließen im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts
von sich hören. Im Jahre 1911 übernahm Karel Ausobský, der spätere
Vorsitzende des Gremiums der südböhmischen Buchhändler und Verleger, die hiesige
Buchhandlung des Prager Verlegers Gustav Dubský. Raimund Marek gab hier nach dem
Ersten Weltkrieg vor allem die übersetzten Schriften der russischen Klassiker heraus.
Zwischen den
Jahren 1938-1948 war die Budweiser Zweigstelle (die sog. hiesige Gruppe) von „Družstevní
práce“, die sich auf Bibliophilie konzentrierte, verlegerisch tätig. Im Jahre 1958
wurde „Jihočeské krajské nakladatelství“ errichtet, später in „Růže“
umbenannt. In der zweiten Hälfte der 60er Jahre bildete sich darum eines der
wichtigsten kulturellen Zentren, das mit seiner Bedeutung die Kreisgrenzen überschnitt. |