BEGEGNUNGSSTÄTTEN
IN DER LITERATUR AUS DEM OSTBÖHMERWALD UND AUS SÜDBÖHMEN

Das Projekt der literarischen Dauerausstellung Begegnungsstätten in der Literatur aus dem Ostböhmerwald und aus Südböhmen, das von der für die regionale Entwicklung zuständigen Agentur RERA (EU-Programm PHARE) genehmigt wurde, arbeitet auf das Ziel hin, das Phänomen der loci communes in der Belletristik mit ihren zentralen Beispielen zu präsentieren. Die jeweilige Problematik der literaturgeschichtlich bedeutenden Momente soll den Ausstellungsbesuchern ohne jegliche durch politische Ideologien aller Art entstandene Verzerrung als aufschlußreiche Denkimpulse geboten werden. Die Exposition versteht sich als eine pädagogischen, aber auch allgemeinbildenen Zwecken dienende Zusammenstellung von Informationen über das literarische Regionalleben. Im Mittelpunkt der Bearbeitung befinden sich jene Werke, die inhaltlich einen engen Bezug auf das Gebiet Böhmerwald und Südböhmen nehmen.

Als thematisch grundlegende Linien der Ausstellung kann man folgende Aussagen bezeichnen:

  1. Die ausgewählten „Kristallisationsstadien“ der Literatur werden als selbstständige Themen in zehn ehemaligen Mönchszellen präsentiert:
  2. 1.1. Vor dem Antlitz Gottes (Gebet)
    1.2. Die Poesie der Stimme / des (von Stimmen erzeugten) Lärms (Der Autor der Austellung definierte innerhalb des tschechischen Worts „h(a)las“ zwei Minimalpaare.) (Gesang)
    1.3. Die Heiligen und die Helden (Archetypen des menschlichen Schicksals; Begebenheit)
    1.4. Wenn ich dem Tod begegne… (Fragen der menschlichen Existenz)
    1.5. Das geheiligte Land (das Land vor den Bergen; Vestigium Bohemiae Piae; die südböhmische Heimat)
    1.6. Der Urvater Wald (Böhmerwald; Berge; böhmerwäldische Variationen zum Thema Heimat)
    1.7. Höre Töchterchen! (belehrende und bildende Funktion der Literatur; Homilien)
    1.8. Das Gedächtnis lehrt, die Erinnerung quält (Gedächtnisaufzeichnungen; die dichterische Inspiration der Erinnerung)
    1.9. Wohin gehören wir? (Bohemia; der vierte Stamm Bayerns; das slawische /Süd-/böhmentum)
    1.10. Ha,ha, ehrlose Ketzer! (Das Ändern oder das Beibehalten?, die Hussiten und die Gegner der Hussiten; die Literatur an der Schwelle zur Ideologie).

  1. Die Betonung der Koexistenz der lateinischen, deutschen und tschechischen Literatur bildet eine der Prioritäten des Arbeitskonzepts. Eine Dauerausstellung in diesem Sinne zu schafffen, heißt einen bis jetzt einzel stehenden Versuch zu wagen.
  2. Die literarische Topographie der jeweiligen Mikroregionen (Die Grundorientierung richtet sich diesbezüglich zunächst nach alten politischen Verwaltungsbezirken.) wird als Netz der Schicksale von einzelnen Schriftstellern, der literarischen „Begegnungen“, der Bedingungen der Entstehung und der Verbreitung der Literatur (Skriptorien, Druckwerke, Bibliotheken, Gymnasien, Verlage) und als Verflechtung der literarischen Strömungen mit den örtlichen Traditionen präsentiert. Im ehemaligen Konventgang werden also nicht nur Porträts von bedeutenderen Persönlichkeiten zu finden sein, sondern auch eine Art Konfrontation der literarischen Themen, die in der Entwicklung der Stilgenres kontinuierlich und deutlich vertreten waren. Für eine konkretere Vorstellung wollen wir selektiv einige Vertreter der in der Exposition präsentierten Persönlichkeiten anführen: von der lateinischen Literatur z.B. Jarloch, die Handschriften aus der Stiftsbibliothek Vyšší Brod/Hohenfurth, das Gefolge von Jan d.Ä. Hodějovský von Hodějov, Bohuslav Balbín, Qurin Mickl; von der deutschen Literatur z.B. Alexandereis, Theobald Höck, Adalbert Stifter, Richard von Kralik, Hans Watzlik, Johannes Urzidil, Rudolf Slawitschek, Johann Peter; von der tschechischen Literatur z.B. Tomáš Štítný von Štítné, Petr Chelčický, Tomáš Bavorovský, Šimon Lomnický von Budeč, Adam Michna von Otradovice, Adalbert Chanovský, Ondřej František de Waldt, František Ladislav Čelakovský, Josef Holeček, Julius Zeyer, Richard Weiner, Václav Krška, František Hrubín, František Daniel Merth).
  3. Die Ausstellungskonzeption beabsichtigt, Schulklassen der Oberstufen in den tschechischen, österreichischen und deutschen Mittelschulen anzusprechen und ihnen für die Fächer Literatur und Geschichte (interaktive Darstellung der Problematik) eine Ergänzung des Lehrstoffes zu bieten, in dem mit den sich vom Unterricht unterscheidenden Betrachtungsperspektiven gearbeitet wird. Durch die in verschiedenen Spielformen konzipierten Tests soll die Literatur den Schulern und Studenten nahe gebracht werden. Weiters hoffen wir auf Besuch von kulturell interessierten Laien (Kulturvereine) aber auch von Fachleuten (Forscher im Bereich Literaturgeschichte vor allem aus Tschechien, Österreich und Deutschland).
  4. Die in der Ausstellung gezeigten Primärtexte werden in den Originalsprachen präsentiert; die deutschen und lateinischen Texte mit einer tschechischen Übersetzung. Alle Porträts der Schriftsteller werden in die deutsche Sprache übersezt werden, ebenso alle informativen Beschreibungen der ausgestellten Exponate (Bücherbände, Fotos). Eine völlige Zweisprachigkeit der Exposition wird also nicht vorhanden sein, jedoch wird es sich nicht nur um eine tschechischsprachige sondern auch um eine sehr weitgehende deutschsprachige Präsentation handeln, die auf den natürlich gewachsenen Gegebenheiten der historischen Materie beruht. Die didaktischen Grundüberlegungen des Böhmerwaldmuseums Passau (Hr. Manfred Pranghofer), in geeigneten Fällen innerhalb der Exposition Verweise (links) auf weitere Museen in der Region sowie in Baeyrn oder Österreich zu geben, wo der interessierte Besucher sich über die angesprochenen Themen ausführlicher und dataillierter informieren kann, wollen die Projektleiter übernehmen (ganz sicher im Rahmen der Internetpräsentation).

 

Stätte der Ausstellung:

Das im Jahre 1785 von Kaiser Josef II. aufgehobene Zisterzienserstift Zlatá Koruna (Goldenkron) in Südböhmen nutzten die Fürsten von Schwarzenberg als seine neuen Besitzer für industrielle Produktion. Trotz der Devastierung der Klostergebäude, die mit ihrer nicht zweckentsprecheden Nutzung verbunden war, gelang es, die architektonischen und kulturellen Schätze des Stiftes großteils zu retten. Nach der Übernahme der Gesamtverwaltung des Stiftskomplexes durch das Denkmalschutzamt in České Budějovice konnten in den späten 90-er Jahren des 20. Jhs. aufwendige Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Die monastische Kultur des Zisterzienserordens wird der breiten Öffentlichkeit im Rahmen der musealen Fremdenführungen vermittelt.

Der erste Stock des sog. großen Konvents bietet in seinen großzügigen Baudimensionen die einmalige Gelegenheit, den hiesigen Konventgang und die angeschossenen Mönchszellen für kulturelle Zwecke zu nutzen. Die hier schon früher untergebrachte Ausstellung über die tschechische Literatur aus der Zeit vor 1989 wurde für die politische Propaganda der kommunistischen Diktatur instrumentiert. Mit einer modernen Konzeption wollen die Autoren der Ausstellung mit legitimem Verständnis und plausibler Erklärung der Vergangenheit arbeiten.