Treffen im Predigtstuhl,
„der Perlenschale“ der tschechischen (und lateinischen) Sprache Bohumír Hynek Bílovský und Ondřej František de Waldt
Als im
Jahre 1695 der Schlesier Bohumír Hynek Josef Bílovský, der in Südböhmen schon ab dem
Jahre 1691 wirkte, das Dekanamt in Písek/Pisek antrat, ahnten wahrscheinlich nur wenige
Bewohner von Písek/Pisek, was für eine geistige Aufregung diese schon mehrere Dutzend
Jahre ruhige katholische Stadt erwarten würde. Ein Predigerkonzert voll von Metaphern,
Symbolen, belehrenden sprachlichen Etymologien, unerwarteten Gleichnissen, pointierten
Dialogen, rhetorischen Fragen und auch adressierten Angriffen öffnete die geistigen Augen
der Zuhörer in so einem Maße, daß man in der Stadt noch eine geraume Zeit Geschichten
über gierige Zuhörerscharen erzählte, die an den an die Kirchenfenstern gelehnten
Leitern hingen. Bílovskýs Texte werden für ein Beispiel der konzeptuellen Homiletik
gehalten, wobei Konzept oder italienisch „concetto“ ein sinnreiches Wortspiel
bezeichnete. Písek war aber ein zu enger Teich für einen so rasanten Menschenfang. Es
ist dann nicht verwunderlich, daß Bílovský unter den Bürgern außer einem
umfangreichen Auditorium auch mehrere beleidigte Feinde gewann.
Man kann
wahrscheinlich nicht exakt beweisen, daß der eine Generation jüngere in Písek
gebürtige Ondřej František de Waldt, Bílovský persönlich näher kennenlernte. Als
zwölf- und mehrjähriger Junge mußte er aber seine Predigten hören, später notierte er
auf seine Adresse mehr als bewundernde Worte (in der Übersetzung aus dem lateinischen
Original: „ein hervorragender Theologe und Philosoph, ein einzigartiger Dichter und
Redner“). Es dauerte nicht lange, und der ländliche Priester de Waldt, der lange im
scheinbar verlorenen Böhmerwalder Dobrš siedelte, konnte sein Vorbild durch die Kraft
der dichterischen Imagination zumindest nachahmen, in einigen Bereichen sogar überwinden.
Als berühmter Redner wurde er zu den kirchlichen Festen im ganzen Prachiner Gebiet, zu
den Johannitern nach Strakonice und Radomyšl, zu den Franziskanern nach Horažďovice,
auch nach Písek, Vodňany, Kraselov, Strašín oder Čestice eingeladen. In den
30er Jahren gab er zwei umfangreiche Sammlungen lateinischer und eine Sammlung
tschechischer Predigten heraus. Mehrere davon erreichten - und überwanden wahrscheinlich
auch - die Grenzen der Vollkommenheit des Genres.
Wenn von der
tschechischen Literatur des 18. Jahrhunderts alles außer de Waldts „Chvalořeč“
von der Vergessenheit verschlungen würde, bliebe immer noch genug.
„Ja, ja,
für Ondřej de Waldt ist die Predigt immer ein geistiges Drama, in das er alles mitreißt
und die Aufgaben nicht nur Personen und Geistern, sondern auch Tieren, Elementen, der
Natur, dem Kalender, der Bibel, Geschichte, Dichtern, Volkssprüchen, Schimpfworten,
Witzen, weltlichen und kircherlichen Gewohnheiten, der Liturgie, Unarten, der Wissenschaft
und sogar auch der Grammatik zuschreibt!
Er durfte einen
Halm nicht zu lange beobachten, gleich sprühte er hundert Halme und aus den Halmen
entstand gleich ein großes Feld und darin Blüten und Wachteln und darüber eine
Nachtigall und die Sonne und Heilige und zu allen diesen Sachen der Schöpfer. De Waldt
ist ein Zauberer-Dichter, alles, was er berührt, wir lebend, alles in seinem Gedächtnis,
seiner Vorstellung und seinem Herzen fängt an zu spielen, zu klingen und zu singen...Er
ist sich der Last und des Eingriffes von jedem Wort gut bewußt, er lernte bei großen
Meistern, er selbst ist ein großer Meister, aber so ergeben, so aufrichtig, so herzlich,
daß er nicht nachzuahmen ist. Auch einen großen Dichter kann man nachahmen, de Waldt
aber nicht.“
Jakub Deml, 1940
Auswahlbibliographie von Bohumír
Bílovský:
Nový cherubín léta 1491 od Boha všemohúcího stvořený...to jest svatý
Ignatius z Lojoly, 1695
První a nový farář s. Josef...aneb Kázání o svatém Josefu, 1696
Ecclesiasticus cherub, Církevní cherubín aneb slavný a stálý v ohni a
mukách víry a svaté zpovědi zástupce Jan Sarkander, 1703
Cantator cygnus..., to jest Hlas duchovní labutě, 1720
Coelum vivum et firmamentum...Nebe svátostné aneb Kázání sváteční, 1724
Auswahlbibliographie von Ondřej de
Waldt:
Conciones de S. Joanne Nepomuceno, glorioso Christi martyre et Thaumaturgo, 1730
Chválořeč neb kázání na některé svátky a obzvláštní roční slavnosti
svatých božích, 1736
Cygnus Marianus, hoc est: Opus Mariale quadropartitum, 1741 |