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Freundschaft der Anhänger der Wiedergeburt

Josef Vlastimil Kamarýt, František Ladislav Čelakovský und Josef Krasoslav Chmelenský

Es verwundert wahrscheinlich, aber im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wurde zum erstrangigen südböhmischen Zentrum der Wiedergeburt das sprachlich deutsche Piaristengymnasium in České Budějovice/Budweis. Auf ihren Studienreisen zwischen Linz, Písek/Pisek und Prag trafen sich die drei obengenannten Adepten des tschechischen Parnasses gerade in seinen Bänken. Gemeinsam verschlangen sie hier die zeitgenössischen literarischen Früchte (vor allem die deutsche Romantik, neu entdeckte alttschechische Denkmäler und patriotische tschechische Versuche), gemeinsam entdeckten sie die poetische Reinheit der „Volkspoesie“ und gemeinsam fingen sie auch an, über ihren Beitrag zur tschechischen Kultur zu träumen. Die patriotischen Pseudonyme, mit diesen sie die ersten Werke unterschrieben und die sie später zwischen ihre Tauf- und Familiennamen einfügten, erinnerten sie an die Einheit der gemeinsamen Arbeit an der „dem erblichen Boden“. Der jüngste von ihnen war Chmelenský aus Bavorov, später ein Doktor der Rechtswissenschaften und höfischer Stattrichter, Mitautor der ersten tschechischsprachigen Opern (zusammen mit F.J. Škroup: Dráteník, 1826; Oldřich a Božena, 1828) und Redakteur der Sammlungen tschechischer Lieder (Věnec ze zpěvů vlasteneckých, 1835-37; Kytka, 1836-1838). Seine originelle, sehr sentimentale Poesie erreichte nur ein durchschnittliches Niveau.

Der älteste von den drei Männern war Kamarýt, gebürtig in Velešín. Als der Erstgeborene von zwölf Nachkommen des dortigen Bäckers war er für die Karriere des katholischen Priesters bestimmt. Er wurde von der Sammlung alter deutscher Lieder „Des Knaben Wunderhorn“ von Achim von Arnim und Clement Brentano inspiriert (das Schicksal des zweiten traf auch das im Norden des Prachiner Kreises liegende Bukovany) und begann, tschechische geistige Lieder systematisch zu sammeln. Das Sammeln führte er sowohl direkt in der Region durch, als auch vor allem in alten katholischen und protestantischen Gesangbüchern und schuf so sein Lebenswerk: „České národní duchovní písně“ (1831-32). Damals übte er schon seit einigen Jahren sein Priesteramt im Glaubenszentrum des Gebiets um Tábor aus, im Wallfahrtsort Klokoty.

Künstlerisch erreichte Čelakovský aus Strakonice/Strakonitz die größten Erfolge von den drei genannten Männern. F.X. Šalda schrieb zu seinen Werken „Ohlasy písní ruských a českých“ (1829, 1839) und „Růže stolistá“ (1840) Worte, mit denen er sonst sparsam umging: „Es schuf, es konnte nur ein großer Künstler schaffen, ein ergebener, beweglicher, mit samtenen Fadenfühlern ausgerüsteter, wunderbar sensitiver Geist, der den Stilzauber und seinen Charakter bis zu den letzten Nervenwogen spürte.“ Außer dichterischem Talent hatte er auch eine besondere philologische Gabe, er beherrschte elf Sprachen, darunter auch alle slawischen. Deshalb stellten Vergleichssammlungen von Volkstexten und Übersetzungen eines der wichtigsten Kapitel seiner literarischer Tätigkeit dar. Ihre Zusammensetzung spiegelt die gedanklichen Tendenzen der tschechischen patriotischen Intellektualität sehr genau wider. Der breite Umfang der monumentalen Sammlungen „Slovanské národní písně“ (1822-27) und „Mudrosloví národu slovanského v příslovích“ (1852) erinnert an gesamtslawische Theorien. Ein Beleg des Zusammenhangs der tschechischen Wiedergeburt mit dem deutschen theoretischen Denken ist die Übersetzung Herders „Listy z dávnověkosti“ (1823). Eine Rezeption der Weltromantik stellt die Übersetzung von „Die Jungfrau vom See“ (1828) von Walter Scott dar. Von einem tiefen christlichen Fundament zeugt auch eine umfangreiche Bearbeitung der wichtigsten Schrift von Augustinus „De civitate Dei“ (1829-35).

„Freund!

Der heilige Joseph mit seiner Breitaxt hat mir heute in mein Gehirn ziemlich viel geschüttet. Als ich aus dem Bett kroch, schickte ich unsere Alte gleich für Weißwein und bei dem lieben Goethe sitzend trank ich auf Dich. Ich konnte für Dich nicht beten, denn ich war nicht einmal in der Kirche, dagegen trank ich auf Dich. Gegen die Mittagszeit begann erst die Freude am Tisch von Herrn Doktor, an dem lauter Patrioten saßen. Nach einer vollgezogenen trachta kam eine Flasche nach der anderen auf den Tisch. >>Es lebe Jungmann! Es lebe Dobrovský! Es leben die gutmütigen josephinischen Patrioten<<, so rief Doktor, nach dem Glas greifend, und wir ihm folgend anstoßend. So sprachen wir, tranken und sprachen wieder, bis das Gottesgetränk begann, in das Obere zu steigen. Was man weiter besprach, weiß ich nicht, nur das, daß ich sagte, es sei schade, daß Anakreon nicht Joseph hieß, auch für ihn hätten wir ein Glas geopfert. Dann schwankte jeder nach Hause, und ich, kurz geschlafen, entschied mich heute, an Dich zu schreiben. - Aber ich sehe, daß es überhaupt nicht geht. Der Kopf noch zu schwer. Gute Nacht.“

Der Brief von J.V. Kamarýt an F.L. Čelakovský vom 19. März 1820

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